Page 242 - Karmen Pižorn, Alja Lipavic Oštir in Janja Žmavc, ur. • Obrazi več-/raznojezičnosti. Ljubljana: Pedagoški inštitut, 2022. Digitalna knjižnica, Dissertationes 44
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Die sprachlichen Differenzen können jedoch auch zu Missverständ-
nissen führen. Solche Fälle, in denen sich eine Person beleidigt fühlt, weil
sie etwas, was in einer anderen Sprache gesagt wurde, falsch interpre-
tiert oder auf sich bezogen hat, sind nicht selten. Die Lehrkraft hat in so
einer Situation der Sprache wegen kaum Möglichkeiten um festzustellen,
wer Recht hat und wer nicht. Deshalb ist es wichtig, die Schülerinnen und
Schüler für den Gebrauch der lingua franca in solchen Situationen zu sen-
sibilisieren. Die Lehrkraft kann z. B. eine solche Situation künstlich erzeu-
gen, um zu zeigen, wie schnell solche Missverständnisse entstehen können.

Wenn die Lehrkraft eine andere Sprache spricht, z.B. Slowakisch, eine
Sprache, für die sprachliche Kompetenzen in den Klassen nicht zu erwar-
ten sind, dann kann man diese Erstsprache benutzen, um solche Situation
zu demonstrieren wie in folgender Modellsituation:

Die Lehrkraft schaut einen Schüler/eine Schülerin an, schlägt mit
der Hand an eigene Stirn und sagt: „Zabudla som kúpiť zemi-
aky!“ Dann fragt die Lehrkraft die Klasse, was sie denken. Ob die
Aussage über die konkrete Schülerin / den Schüler positiv oder
negativ war. Die meisten Schüler und Schülerinnen werden ein-
deutig sagen, dass die Aussage negativ war – und zwar aufgrund
der Gestik (der Schlag an die Stirn).
Lehrkraft: „Meine Aussage über die Schülerin / den Schüler war
weder positiv, noch negativ. Ich habe nämlich auf Slowakisch ge-
sagt „Ich habe vergessen, die Kartoffeln zu kaufen!“.
Die Schüler /-innen reagieren meistens sehr überrascht. Durch so ein
kleines Beispiel kann die Lehrkraft ihre Schüler und Schülerinnen zum
achtsamen Umgang mit den Sprachen und den Mitschülern und Mitschü-
lerinnen bringen.

4.2 Tabuthemen
Die Heterogenität besteht jedoch nicht nur in der Vielfalt der Mutter-
sprachen, sondern auch in den verschiedensten Kulturen, aus denen die
Jugendlichen stammen, und natürlich auch in der Religion. Die meisten
Schüler und Schülerinnen sind muslimischen Glaubens, darüber hina-
us gibt es aber auch andere Religionen wie das Christentum (katholisch,
orthodox), das Judentum oder die Zeugen Jehovas. Mit jeder Kultur und
jeder Religion sind unterschiedliche Bräuche, Sitten und Werte verbunden.
Kennt man sich als Lehrkraft überhaupt nicht aus, kann man sehr sch-

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